Historische Grabsteine erzählen Lebensgeschichten

Mehrere bis zu 400 Jahre alte Grabsteine standen auf dem Kirchhorster Friedhof versteckt und ungeschützt im Unterholz. Andere befanden sich für die Öffentlich- keit nicht zugänglich in der früheren Lei- chenhalle. Diese wird seit Jahrzehnten nur noch als Lagerraum genutzt. Dem Kirchenvorstand lag der Erhalt der geschichtlichen Zeugnisse am Herzen.

Dank finanzieller und zweckgebundener Unterstützung von Gemeindegliedern und einer 1.000,00 € - Spende der „Treuhand- stelle für Dauergrabpflege“ war es mög- lich, die Steine für Friedhofsbesucher sichtbar an den Außenwänden besagter Halle zu platzieren (siehe Foto). Ebenso engagiert beteiligt haben sich an diesem Projekt die Bild- und Steinhauerei Heins aus Burgdorf und die Firma Glasfischer aus Altwarmbüchen.

Gläserne Tafeln informieren über die teilweise kaum noch lesbaren Inschriften. So berichtet etwa der älteste der Steine davon, dass Pastor Bernhardus  Bokelmann am 19. Mai 1615 im Alter von 78 Jahren morgens zwischen vier und fünf Uhr selig entschlafen sei; knapp sechs Jahre später, an einem Abend um sechs Uhr, folgte ihm seine ehrbare Ehefrau Margareta Poppen im Alter von 76 Jahren. Ein anderer Stein erzählt, dass Pastor An- ton Ludolph Klapprott 1756 im Alter von 60 Jahren, drei Monaten und neun Tagen un- ter vielen Tränen der Seinigen in die Selig- keit einging. Sein Sohn Karl Heinrich, der laut lateinischer Inschrift den Eltern An- lass für große Hoffnungen gegeben hatte und zu Größerem geboren worden war, war bereits 1739 im Alter von nur drei Jah- ren gestorben.

Für diesen lateinischen Text eine zumin- dest sinngemäße Übersetzung zu bekom- men war nicht einfach. Mehrere Lateinlehrer waren hieran verzweifelt und hatten auf universitäres Spezialwissen verwiesen. Schließlich standen uns dank groß- artiger Unterstützung durch den „Deutschen Altphilologenverband für Latein und Griechisch an Schulen und Universitäten“ übereinstimmende Übersetzungen von Professor*innen gleich dreier Universitäten zur Verfügung, die den kompliziert formulierten Text mit Worten wie ‚schwülstig‘, ‚reichlich sperrig‘ oder auch ‚barocker Überschwang‘ charakterisierten.

Die Grabdenkmäler geben auch Auskunft, dass nach der Reformation über 130 Jah- re lang Angehörige einer einzigen Familie das Pastorenamt innehatten.

Auf einer Infotafel findet sich zudem ein QR-Code mit dem Verweis auf die Home- page: www.nikolai-online.de/unsere-kir- che.html. Dort kann unter „GESCHICHT- LICHES“ und „VIRTUELLER RUND- GANG“ nicht nur die Historie der St. Niko- lai Kirche erkundet, sondern diese dank 3D-Scan auch virtuell besucht werden.

Für die Friedhofsverwaltung

Klaus Gutsch, Tel.: 05136-4010